Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger: CDU will in erstem Landkreis ernst machen
Bürgergeld nur gegen Arbeit - das plant die CDU im Barnim. Sie setzt auf eine Mehrheit im Kreistag notfalls mit der AfD. Die Landes-SPD hält das für Wahlkampfgetöse.
von: Igor Göldner 09.01.2025, 10:44 Uhr
Potsdam. Ein bundesweites Echo löste kurz vor Jahresfrist die Stadt Schwerin aus, die als erste Stadt die Einführung einer Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger beschloss. Eine Mehrheit im Stadtrat der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern, vor allem von CDU und AfD, stimmte dafür.
Der Barnim soll, wenn es nach der lokalen CDU geht, der erste Landkreis in Brandenburg sein, der dem Vorbild aus Schwerin folgt.
In den Kreistag soll im März eine Beschlussvorlage eingebracht werden, wie der Fraktionschef der CDU im Kreistag, Daniel Sauer, der MAZ erläuterte. Danach sollen künftig nicht nur Asylbewerber, sondern alle Arbeitslose, die Bürgergeld empfangen, zu gemeinnütziger Arbeit in Vereinen, Schulen oder Kitas verpflichtet werden.
CDU-Politiker Sauer sieht gute Chancen, dass der Antrag die nötigen 29 Stimmen und damit eine Mehrheit bekommt – allerdings dürfte er auf die AfD angewiesen sein. „Wir haben entschieden, einen eigenen Antrag einzubringen.“ Sollte die AfD dem Antrag zustimmen, sei die Chance für eine Mehrheit groß, sagt Sauer.
„Denen, die unsere Unterstützung in Anspruch nehmen, sagen wir klar: Hilfe ja, aber wir erwarten, sich aktiv in unsere Gesellschaft zu integrieren.“
Daniel Sauer,
CDU-Fraktionschef im Kreistag Barnim
Die CDU hat im Kreistag zwölf und die AfD 14 Stimmen. Sauer hofft auch auf Stimmen aus der Fraktion der Freien Wähler (sieben Sitze) sowie von FDP und Bauernverband Barnim (je zwei Sitze). In Schwerin hatte der Stadtrat mit 24 zu 16 Stimmen bei einer Enthaltung zugestimmt. Der dortige SPD-Oberbürgermeister lehnt das Ansinnen ab.
Die Barnimer CDU wäre gern mit ihrem Vorstoß Vorreiter in Brandenburg, wenn dieser Erfolg hat. Fraktionschef Sauer spricht von einer „Win-win-Situation“ für alle Beteiligten, schließlich würde die Möglichkeit der sozialen Teilhabe für Menschen geschaffen, die über lange Zeit ohne Beschäftigung und Struktur waren und zugleich würden die Kommune von Sozialausgaben entlastet. Die Möglichkeit, eine Arbeitspflicht von einigen Stunden am Tag festzuschreiben, biete ausdrücklich das Asylbewerberleistungsgesetz.
SPD sieht Vorstoß der CDU kritisch: „Wahlkampfgetöse“
Deutlich formuliert es auch Sauers Stellvertreterin in der Fraktion, Ulrike Mauersberger. „Leistungen empfangen, ohne Gegenleistungen zu bringen, schürt Unmut und trifft zu Recht auf Unverständnis“, sagte die CDU-Politikerin, die auch für den Bundestag kandidiert.
Der Vorstoß wird von der SPD, die mit Daniel Kurth im Barnim auch den Landrat stellt, kritisch gesehen. Der neue Generalsekretär der Landespartei, Kurt Fischer, ist zugleich Fraktionschef seiner Partei im Kreistag von Barnim. Eine solche Debatte kurz vor der Bundestagswahl loszutreten, sei ein „sehr durchschaubares Manöver“, sagte Fischer der MAZ. Das Thema sei aber zu wichtig, „um es für Wahlkampfgetöse zu nutzen“.
Barnim-CDU springt auch auf Debatte ihrer Bundespartei auf
Für die SPD sei klar, dass man bei der Frage von Integration in Arbeit deutlich besser werden müsse. Dazu würden in Brandenburg von der neuen Landesregierung gerade Zuständigkeiten und Instrumente neu geordnet. „Zentrales Ziel muss es dabei aber immer sein, möglichst viele Geflüchtete in langfristige und sozialversicherungspflichtige Jobs zu bringen.“ Und das sei nicht „mit Scheindebatten rechtzeitig zum Wahltermin“ zu erreichen, betonte Fischer.
Die Barnimer CDU springt damit auch auf eine bundesweite Debatte ihrer Bundespartei auf. Auf Bürgergeldempfänger soll mehr Druck ausgeübt werden, für die Leistung auch etwas zu tun. Eine bundesweite Arbeitspflicht für die Bezieher der Grundsicherung hatte etwa CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bereits im November gefordert. Im Fall eines Wahlsiegs bei der Bundestagswahl will die Union das Bürgergeld in seiner heutigen Form abschaffen und durch eine neue Grundsicherung ersetzen.
MAZ